NEW YORK 4. April 2019 – Über 60 internationale Organisationen, unter Führung der Vereinten Nationen und in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Welthandelsorganisation, veröffentlichen diesen Donnerstag einen Report, der die Dringlichkeit internationaler finanzpolitischer Reformen hervorhebt. Ohne solche Reformen werden wichtige Ziele wie die Eindämmung des Klimawandelns oder die die Bekämpfung von Armut bis 2030 nicht erreicht.
Der Bericht, 2019 Financing for Sustainable Development Report, beschreibt aber auch positive Entwicklungen: Investitionen nehmen in einigen Ländern stetig zu und das Interesse an nachhaltigem Anlegen wächst generell: 75 Prozent aller individuellen Investoren sorgen sich um die Auswirkungen ihrer Investitionen.
Gleichzeitig nahm jedoch 2017 der Ausstoß von Treibhausgasen um 1,3 Prozent zu und Investitionen in einigen Ländern sanken; um die 30 Entwicklungsländer stehen außerdem aufgrund zu hoher Schulden am Rande des Bankrotts. Das Weltwirtschaftswachstum stagniert bei 3 Prozent.
Um nachhaltige Entwicklung effektiver zu fördern, reicht es nicht aus, ausschließlich zusätzliche (Direkt-)Investitionen zu treffen. Will man die gemeinsamen globalen Ziele wirklich erreichen, müssen Finanzsysteme reformiert werden und nationale wie internationale Politikfelder abgestimmt werden.
Die Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklungen werden zusätzlich durch die derzeitigen Makrotrends erschwert: Technologischer Wandel, Weltpolitik und Klimawandel haben nicht nur die Wirtschaft und Gesellschaft verändert; auch die existierenden nationalen und multilateralen Institutionen—welche Millionen Menschen aus der Armut geholfen haben—müssen sich neu anpassen. Vertrauen in das multilaterale System schwindet, was auch damit zu tun hat, dass dieses System die Gewinne nicht fair aufzuteilen vermochte; der Großteil der Weltbevölkerung lebt derzeit in Ländern, in denen Ungleichheiten weiter zunehmen.
“Das Vertrauen ins multilaterale System erodiert, weil wir es nicht geschafft haben, inklusives und nachhaltiges Wachstum für alle zu erreichen”, proklamiert der Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres im Vorwort des Reports. “Unsere gemeinsame Herausforderung ist es nun internationalen Handel und Finanzsysteme generell so umzugestalten, dass diese nachhaltige Entwicklung fördern und Globalisierung auf faire Weise gewährleisten.”
Aus dem Report gehen konkrete Handlungsanweisungen hervor, um die globale Infrastruktur den Gegebenheiten anzupassen und die Weltwirtschaft beziehungsweise das Finanzsystem insgesamt nachhaltiger zu gestalten:
- Einen Paradigmenwechsel hin zu langfristigen Investitionen, in welchen die Risiken für Nachhaltigkeit zentral sind;
- Reformen bei Schuldeninstrumenten und dem Management von Staatsschulden;
- Eine Neugestaltung des multilateralen Handelssystems;
- Die Umgestaltung von Steuersystemen, die in einer immer mehr digitalen Weltwirtschaft nicht genug Staatseinnahmen erzielen;
- Die Einhegung wachsender Marktkonzentration, die ansonsten grenzüberschreitend Ungleichheiten vergrößert;
Der Bericht schlägt einen klaren Fahrplan vor, wie einzelne Länder ihre öffentlichen und privaten Finanzsysteme so reformieren können, dass Ressourcen für nachhaltige Entwicklung mobilisiert werden können. Zudem präsentiert der Bericht Fahrpläne für eine bessere Koordinierung von Finanzpolitik mit Strategien nachhaltiger Entwicklung .
Der Bericht befasst sich zum Beispiel intensiv mit den Möglichkeiten und Herausforderungen durch neue Technologien und Fintech. Fintech hat mehr als einer halben Milliarde Menschen den Zugang zu Finanzdienstleistungen erschlossen. Gleichzeitig treten neue Akteure in Finanzmärkte, was erhöhten Regulierungsbedarf schafft.
Bei ausreichender Regulierung erscheinen die Verbesserungen durch Fintech sehr verheißungsvoll, gleichzeitig warnt der Report vor Überregulierung. Um solche Einseitigkeit zu vermeiden, wird auf die Wichtigkeit von Dialog zwischen Fintech Firmen und Regulatoren und Gesetzgebern hingewiesen. Regulierung muss weg vom exklusiven Fokus auf Finanzinstitutionen, und stattdessen die Risiken von allen Finanzaktivitäten beobachten, ob von Banken oder von Technologiefirmen.
„2019 haben wir eine gute Gelegenheit, Engpässe bei nachhaltigem Investieren zu beheben“, hebt der UN Staatssekretär für Ökonomische und Soziale Angelegenheiten, Liu Zhenmin, hervor, welcher die Task Force leitet. „Die Verantwortung liegt vor allem bei nationalen Regierungen, sich für das multilaterale System zu engagieren und Gesetze zu entwerfen, die eine nachhaltige und florierende Zukunft garantieren.“
Hintergrund: Der Bericht ist das gemeinsame Produkt der Inter-agency Task Force für Entwicklungsfinanzierung, welche mehr als 60 Organisationen der Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen umfasst. Das Financing for Sustainable Development Office des UN Departments für Ökonomische und Soziale Angelegenheiten (DESA) ist Herausgeber des Berichts und Koordinator der Taskforce, in Zusammenarbeit mit der Weltbank, des IWF, der WTO, UNCTAD und UNDP. Die Task Force erhielt 2015 ihr Mandat von der Addis Ababa Action Agenda, ihr Vorsitzender ist UN Untergeneralsekretär für Ökonomische und Soziale Angelegenheiten, Mr. Liu Zhenmin. Den vollständigen Report und Anhang finden Sie unter: https://developmentfinance.un.org/
Der Bericht bildet die Basis für das ECOSOC Forum für Entwicklungsfinanzierung (15-18. April), bei dem Mitgliedsstaaten über die notwendigen Resourcen für nachhaltiges Investieren beratschlagen. Die SDG Investitionsmesse, welche Regierungsvertreter und Investoren zusammenbringt, findet ebenfalls im UN Hauptquartier in New York statt (15-16. April). Mehr Informationen hierzu finden sie unter: https://www.un.org/esa/ffd/ffdforum/